(Hinweis: π = der griechische Buchstabe „pi“)
Wie allgemein bekannt ist, kann mit einem Elektroauto keine Urlaubsreise getätigt werden, weil die spärlich vorhandenen Ladestationen dann besetzt sind und sowieso die Reichweite niemals ausreicht.
Jetzt ist es aber so, dass wir bereits seit 6 Jahren beim Autofahren unter Spannung stehen, schon mehrere Reisen mit unserem Kia Soul EV (mit 27 kWh-Akku) entspannt genossen haben und auch bei der nachstehend beschriebenen Urlaubsreise gerne auf die Antriebsversion mit Dinosaurier-ππ verzichten wollten.
Für diese Reise war aber der Kia Soul EV zu klein – platz- und reichweitenbedingt wäre das zwar möglich, aber auch mühsam geworden. Über den EMC-Austria und den dazugehörigen Stammtisch kenne ich Fritz Ablinger schon länger und auch die Firma elektroauto.at ist wohlbekannt. Fritz und Christian (von elektroauto.at) haben es möglich gemacht, dass wir uns für einen Langstreckentest den Volvo XC40 Recharge ausleihen konnten. Somit war das Platz- und „Reichweitenproblem“ gelöst.
unserer Reise führte von Salzburg nach Thüringen. Da ich kein Reporter einer deutschen Autozeitung bin , - welche gerne bis zum letzten Elektron den Akku leer fahren und dann „beweisen“, dass das nicht funktioniert -, habe ich mir natürlich vor der Abfahrt passende Ladestationen und Ausweichadressen herausgesucht (über www.goingelectric.de/stromtankstellen/).
Bisher passten die (Lade)Pausen ins System:
„Blase voll – Akku leer (und der Bauch auch)“.
Unser erster Stopp war aber dann schon am Irschenberg, weil eine Blase geleert werden musste. Diese Zeit hätten wir dann auch gerne genutzt, um den Akku weiter zu füllen (auch wenn’s noch nicht notwendig war), doch scheinbar war der Kartenleser der Ladestation defekt und somit für uns kein schnelles, kurzes Zwischenladen möglich.
Der nächste Stopp war in Ingolstadt eingeplant – am Campus, weil’s dort laut Kartenausschnitt recht gemütlich aussieht. Gelandet sind wir in einer menschenleeren Wüste aus Betonbauten und vollversiegeltem Boden und die Ladestationen haben leider nicht funktioniert. Entnervt von dieser optischen Grausamkeit und schon mit ein bisschen Hunger haben wir einfach die nächste, 5 Minuten entfernte Ladestation aufgesucht. Hier hat uns das Google-Navi im Volvo positiv überrascht, weil es sehr einfach ist, die nächste Ladestation zu finden. Von den 4 Ladestellen (auf einer „normalen“ Tankstelle) waren alle 4 frei – von Überlastung keine Spur.
Während der Ladezeit durften wir die Einrichtungen der Tankstelle benutzen und die mitgenommene Jause verzehren. Menschliche Pause und Ladezeit waren wieder gleich lange und die Reise konnte nach einem Fahrer:innenwechsel fortgesetzt werden.
es gibt sie tatsächlich noch immer...
Der Großraum München lag ja schon lange hinter uns und die Autobahn konnte wesentlich entspannter befahren werden. Grundsätzlich hätte ein Ladestopp für diese Strecke gereicht, doch wegen dem noch unbekannten Fahrzeug und der unbekannten Topographie haben wir uns für zwei Stopps entschieden. Auch beim zweiten Stopp war die Ladestation komplett frei und wir genossen einen gemütlichen Kaffee im Tankstellenbistro (wir sind ja im Urlaub und nicht auf der Flucht).
Der letzte Teil unserer Anreise über Schwallungen, Breitungen, Bad Salzungen führte natürlich auch noch über Autobahn-Umleitungen und wir waren froh, diesen zweiten Stopp eingelegt zu haben.
Außerhalb der An- und Abreise ist (jedes) Fahrzeug wieder nur Stehzeug. Während einer Mahlzeit im Kartoffelkäfer (Bad Salzungen – sehr schmackhaftes Essen
(sorry in DE gibt’s nur „lecker“)
und außergewöhnliche Dekoration im Lokal) durfte der Volvo während dieser Stehpause wieder an der „kleinen“ AC-Ladestation nuckeln. Da ist es angenehm, dass in DE die geladene Leistung verrechnet wird.
Bei uns in AT ist die Abrechnung nach Zeit für einen 1-Phasen-Lader wie dem Kia Soul EV absolut uninteressant – 1 Leitung verwenden, 3 bezahlen ist nicht sinnvoll. Ähnlich, wenn an einer 22 kW Station nur 11 kW bezogen werden können. Da werden sich die österreichischen Anbieter hoffentlich bald weiter entwickeln…
Nach ein paar entspannten Tagen in Thüringen mit Sehenswürdigkeiten wie z.B. der Wartburg und dem Kali-Schaubergwerk war die Rückreise auch sehr entspannt – 2 Pausen, weil wir die menschlich brauchen und weil auch wir gerne Reserven im „Tank“ haben. Die angefahrenen Ladestationen waren verfügbar und haben funktioniert. Wie fast üblich ist es auch uns passiert, dass eine Ladestation (diesmal von einem Wohnwagengespann) zugeparkt war und wir über die Grünfläche zufahren mussten. Ärgern bringt da auch nicht viel – diese Tatsache wird sich wohl erst mit höherer Verbreitung und entsprechender Akzeptanz von Elektrofahrzeugen verbessern.
Für diesen ersten Reiseteil kann man nur wiederholen, was erfahrene E-Autofahrer eh‘ schon wissen: entspanntes, ruhiges Gleiten und der Volvo mit Abstandstempomat macht das noch entspannter.
der Reise begann nur ein paar Tage später und führte uns von Salzburg ausgehend in die Toskana. Wieder wurden mehr Stopps eingelegt, als es für das Auto notwendig gewesen wäre, weil wir das als Nicht-Langstreckentrainierte einfach brauchen. In Italien ist die Dichte der Ladestationen geringer als in DE und AT, doch auch hier waren die Stationen frei und haben funktioniert.
In mulmiger Erinnerung ist mir da ein Tankvorgang für Flüssigkraftstoff mit dem Motorrad vor einigen Jahren – Tankautomat und es hat nicht funktioniert – mit 10 Euro haben wir damals den Automaten gefüttert und schlussendlich nur einen Zettel aus dem Belegdrucker bekommen. Jetzt wird mit der Ladekarte (oder per App oder Direkt-Payment) die Ladesäule gestartet und man kann entspannt das Fahrzeug verschließen und verlassen.
Brücke über den linken Po
Als Unterkunft in der Toskana können wir „La casa di Laura“ (52024 San Giustiono Valdarno AR, Italien) empfehlen. Ein Appartement auf einer Anhöhe mit unbeschreiblichen Ausblicken auf das Tal. Leider können E-Fahrzeuge hier nicht nachgeladen werden, doch Florenz, Siena und Arezzo sind in fast einer Stunde erreichbar.
Parkplatz "La casa die Laura"
Ausblick von "La casa di Laura"
In Siena gibt es zwar einige AC-Ladestationen in Zentrumsnähe, doch die waren kaputt bzw. war gerade ein Servicetechniker dabei und hat versucht diese zu reparieren. Es war auch kein „normaler“ Parkplatz zu bekommen, und so haben wir uns doch zur defekten Ladesäule gestellt, so getan als ob wir laden, und auf diese Weise einen der letzten Parkplätze erschummelt.
Bei der Rückreise zur Unterkunft wollten wir noch nachladen, doch der gewählte Schnelllader wollte uns auch nichts geben (Ironie, wenn eine Volvo-Ladestation dem Volvo nichts geben will bzw. beim Starten wieder abbricht). Die nächstgelegene Station war zwar bereits mit einem Tesla aus den Niederlanden belegt, doch der war mit der Ladung schon fast fertig und wir konnten dann doch unseren Akku nachfüllen. Dieser Tesla-Fahrer war auch der Meinung, dass das Ladenetz in Italien im Vergleich zu DE deutlich ausbaufähig ist.
Bei allen weiteren Tagesausflügen und auch bei der Heimreise waren die Ladestationen frei und verfügbar – mit einer Ausnahme: beim Outletcenter am Brenner waren alle Stationen belegt. Doch auch hier waren 10 Minuten später wieder alle Stationen frei und das Shopping-Erlebnis musste für mich (oh, das tut mir aber leid🙂) kurz unterbrochen werden.
Das Aufladen vom Auto hat nicht immer geklappt, doch eine passende Alternative war schnell erreichbar. Wer ein bisschen flexibel ist, kommt gut damit zurecht, Sturköpfe werden wohl auf blutdrucksenkende Medikamente zurückgreifen müssen.
Der ausgeliehene Volvo ist ein angenehmes, ausreichend geräumiges Fahrzeug und auch für Langstrecken geeignet; Ladestationen sind auf dem Navigationssystem auch ohne große Planung zu finden, der Abstands-Tempomat funktioniert wunderprächtig. Es gibt zwei Spurhalteassistenen, von denen wir einen abgeschalten haben, weil er bei den Autobahnausfahrten irritiert ist und fehlerhafte Eingriffe in die Lenkung verursacht. Verwundert hat mich besonders, dass die empfohlene E-Auto-Geschwindigkeit (ca. 110 – 120 km/h) auch auf der deutschen Autobahn von Fahrzeugen mit Hubkolben-Explosionsmotoren verwendet wird.
Auf die Frage "Würdest du diese Reise wieder mit einem E-Auto wie dem Volvo machen?" kann ich nur eindeutig mit JA antworten.
Personen, die fragen, ob ich in Zukunft lieber mit Diesel oder Benzin fahren würde, kann ich nur fragen, ob sie in Zukunft statt mit einem Smartphone doch lieber wieder mit einem Wählscheibentelefon kommunizieren wollen...
Insgesamt waren wir über 3000 km mit dem Volvo XC40 Recharge AWD (Akku 75 kWh) unterwegs.
Zum Aktivieren der Ladesäulen haben wir folgende Ladekarten verwendet:
- EMC-Clubkarte
- EnBW, Maingau und
- Plugsurfing (je nachdem was uns
chargeprice.app
empfohlen hat).
Wir (Viktoria und Martin) sagen noch einmal vielen Dank an Fritz Ablinger und Christian Gruber (elektroauto.at), die uns die Reise(n) mit diesem Auto ermöglicht haben.
Unser Kia Soul EV wird für die tägliche Fahrt in die Arbeit genutzt. Die tägliche Gesamtstrecke beträgt ca. 40 km und entspricht somit dem österreichischen KFZ-Nutzungsdurchschnitt. Dementsprechend sind wir bei Urlaubs- oder Ausflugsfahrten keine langen Strecken im Auto gewohnt und unsere Bedürfnisse nach Pausen sind sicherlich häufiger (mind. alle 2-3 Stunden) als von jenen Personen, die wirklich täglich hunderte Kilometer fahren müssen und dies auch gewohnt sind. Trainierte Langstreckenfahrer:innen finden die „Zwangspausen“ beim Laden vielleicht lästig, doch auch sie brauchen diese Stopps für die Gesundheit und Regeneration und können sich diese Notwendigkeit vielleicht wieder ins Bewusstsein rufen.
© Martin Göll